"Dieses 20. Meisterschaftsspiel hatte es in sich. Der seit
Wochen währende ungemein spannende Endkampf ist ganz gewiss
nicht ohne größeren Verschleiß der nervlichen Substanz
geblieben. Dennoch können wir uns des Eindrucks nicht erwehren,
dass die Endphase des Titel-Rennens die Akteure in weit besserer
athletisch-konditioneller als nervlicher Verfassung antrifft.
Akteure - dieses Wort schließt auch die "schwarzen Männer" ein,
die in den Wochen der erbitterten Abstiegsgefechte und
Spitzenpartien stets auf des Messers Schneide tanzten.
Das ungemein temposcharfe, kraftvoll geführte Leipziger
Spitzenspiel endete letztlich in einem Tumult, weil im
brodelnden Geschehen hier und da die Sicherungen durchbrannten.
Schicken wir voraus, das der 1. FC Lok aufatmen konnte, als es
zur Pause noch 0 : 0 stand. Die Jenaer, ohne Rock und ohne P.
Ducke ("indisponiert" hieß es offiziell, angesichts von P.
Duckes wortreichen Spiel gegen Zwickau war es wohl mehr eine
kluge Vorsichtsmaßnahme), überraschten mit einem torgefährlichen
Angriffsspiel, das kaum jemand erwartet hatte. Die blendende
körperliche, wohl kaum noch steigerungsfähige Verfassung aller
Spieler nutzend, wurde mit einem Laufpensum (Krauß, Scheitler,
R. Ducke, Stein), einer Wucht aufgewartet, die alsbald
brenzliche Situationen vor Nauerts Gehäuse heraufbeschworen. Der
Routinier im Lok-Tor bannte - nicht ohne das Glück des Tüchtigen
- zwei zwingende Situationen, als er einmal Brunners Kopfball
(4.) aus der kurzen Ecke angelte, schließlich Schlutters
Überraschungsschuß gegen das Gebälk drückte (23.). Den Abpraller
brachte Scheitler nicht ins leere Tor. Diese zwei großen Chancen
bei verteiltem Spiel, das seitens der Gäste größeren Druck,
größere Gefährlichkeit atmete, hatte Lok erleichtert in die
Kabine gehen lassen. Die eigenen Angriffe, obgleich es nicht an
guten Situationen mangelte, (Frenzel 5., Löwe - 40.), kamen
längst nicht so blitzartig, so durchdacht wie auf der
Gegenseite. Das änderte sich erst nach dem Wechsel, als Lok die
stürmischen Attacken weiträumiger, variabler gestaltete und
sofort größere Wirkung erzielte. Frenzel entzog sich seinem
unbequemen, robust-dynamischen Schatten Strempel mehr und mehr,
Löwe stieß, von Naumann, aber auch Geißler, Faber nun besser
angespielt, über das Deckungszentrum durch. Das
Freistoßverhältnis (nach 30 Minuten: 15 : 5 für Lok, nach 45
Minuten: 38 : 12 für Lok, nach 65 Minuten: 45 : 14 für Lok) gibt
über die hautenge und wirklich nicht zimperliche Deckungsarbeit
der Jenaer Auskunft. Doch sieht man von Strempel ab (12 mal Foul
gegen Frenzel), der energischer hätte in Schranken gewiesen
werden müssen, verlief alles noch in gewohntem Rahmen.
Das aber wurde gesprengt durch Schlutter Ringkampfeinlage gegen
Löwe, die das Fass zum Überlaufen brachte. "Es war kein
gefährliches, wenngleich ein unschönes Foul. "Da Schlutter aber
bis dahin ganz einwandfrei gespielt hatte, bestrafte ich ihn nur
mit einer Verwarnung." Soweit Schiedsrichter Bader, der
Schlutters verbissenes Festhalten und Ringen mit Löwe auf dumme
Umstände zurückführte: "Ich hoffte, Löwe würde sich losreißen
können, wartete also den Vorteil ab, Schlutter aber klammerte
sich, weil der Pfiff nicht kam, immer fester." Für uns gibt es
keinen Zweifel, hier war ein Feldverweis angebracht. Diese Tat
entsprach grobem Foulspiel, ganz bewusst begangen, wo ist da der
Unterschied zu einem oft mit Platzverweis bestraftem Foul im
Affekt? Nun, der Referee griff nicht zur letzten Konsequenz,
musste kurz danach ein Lok-Tor wegen Abseitsstellung Naumanns
(Linienrichter Anton: "Klare Angelegenheit") annullieren - da
lässt sich denken, was sich nach dem Spiel zutrug. Die Gäste
mussten durch Polizei und Lok-Ordner geschützt werden.
Zum Schiedsrichterkollektiv: Bader ahndete das gefährliche
Hineingehen in den Mann (die völlig unkontrolliert ausgeführten Tacklings) nicht resolut, ließ zu vieles ungestraft durchgehen,
so auch Schlutters Vergehen. |