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     Hans-Ulrich Grapenthin   Rückblick 

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 Rückblick Hans-Ulrich Grapenthin 1984/85

 

                                                                        by Grapenthin - Lange gewartet, dann Klasse

Man mußte sich in Jena - und nicht nur da - erst daran gewöhnen, daß der "Lange" nicht mehr im Zeisstor steht. Kein Wunder, wo er doch seit dem 4.März 1978, ohne auch nur eine Spielminute auszusetzen, ununterbrochen das Oberligator der Thüringer gehütet und dabei eine imponierende Serie von 186 Punktspielen aufgestellt hatte. Doch nach dem 0:0 gegen Aue am 30.März dieses Jahres war Schluß für den Oldtimer unserer höchsten Spielklasse. "Das es meine letzte Saison sein würde, stand für mich schon vor dem Anpfiff zum Spieljahr 1984/85 fest. Der Zeitpunkt, wann ich einem meiner Nachfolger Platz machen würde, ergab sich dadurch, daß nach dem torlosen Remis gegen die Erzgebirgler feststand, daß wir Jenaer das Schlußdrittel der Saison ohne Abstiegssorgen absolvieren konnten, uns ja sogar für den IFC-Wettbewerb qualifiziert hatten." Platz machen, das bedeutete, daß ab 13.April, dem Spiel in Riesa, einer seiner beiden "Hintermänner", Perry Bräutigam, fortan das Zeiss-Tor hütete. Hans-Ulrich Grapenthin aber vollzog seinen Abschied vom großen Fußball noch mit einem persönlichen Saisonrekord: In 19 Spielen hatte er nur 17 Gegentreffer, damit die wenigsten von allen Keepern, zugelassen.

 

                                                                                                   Erste Schritte in Wolgast

Mit Grapenthin nahm nach Harald Fritsche und Wolfgang Blochwitz der dritte Jenaer Ex-Nationaltorwart Abschied von der sportlichen Bühne. Leicht viel "Sprotte" - diesen Spitznamen verpaßte ihm kein geringerer als Roland Ducke, als Grapenthin vor knapp zwei Jahrzehnten den Wechsel von den Gestaden der Ostsee ins Thüringer Land vollzogen hatte - dieser Abschied nicht. Nach 23 Jahren aktiven Fußball . . . 23 Jahre, da werden Erinnerungen wach an die ersten Schritte im fußballerischen Metier, zunächst bei Aufbau, dann bei Motor Wolgast mit Rudi Otto als seinem ersten Übungsleiter und mit einem Hans-Ulrich . . . als Feldspieler!

                                                                                                      Aushilfe als Torwart

"Ja, so war`s. Bei Schülern, Jugend und Junioren spielte ich ausschließlich `draußen`. Bis mal bei einem Auswärts-Pokalspiel unser Torwart nicht zur Stelle war und der Übungsleiter mich in den Kasten beorderte." Fortan hieß Wolgasts Stammtorwart bei den Junioren und später bei den Männern Hans-Ulrich Grapenthin. So lange, bis 1965 Jenas "Erste", ein Jahr später der FC Carl Zeiss Jena II auf Usedom campierten, Spiele gegen Motor Wolgast bestritten und so auf den "Langen" im Motor-Tor aufmerksam wurden. Alles andere ist hinreichend bekannt. Grapenthins Wechsel 1966 nach Jena, wo er bald in den Oberligakader aufrückte, doch erst einmal hinter Wolfgang Blochwitz die Nr. 2 war. Georg Buschner, zunächst im Klub, später in der Auswahl Grapenthins Trainer, sagte einmal über den Jenaer Hüter: "Es spricht für seine gesamte Sportlerpersönlichkeit, daß er, obwohl jahrelang hinter Klasseleuten jeweils nur der zweite Mann - auf Klubebene hinter Wolfgang Blochwitz, auf Auswahlebene hinter einem alles überragenden Jürgen Croy - trotzdem sein sportliches Ziel nie aus dem Auge verlor. da wie dort einmal die Nummer 1 zu werden. Und wie resolut er seine Chance als 32jähriger (!) im Nationaltrikot nutzte, soll ein kurzes Beispiel zeigen: 1975, beim EM-Spiel in Belgien, fiel Jürgen Croy noch in der Schlußphase durch Verletzung aus. Doch gegen die furios anstürmenden Belgier rettete uns Grapenthin mit großartigen Paraden in den Schlußminuten den 2:1 Sieg."

 

                                                                                                    Silberschuhe im Kabinett

Wenn Hans-Ulrich Grapenthin, übrigens eines von fünf Kindern des Fleischers Ernst Grapenthin, heute Bilanz zieht, so kann er schon einiges vorweisen. Außer Länderspiel- und Oberligaeinsätzen, DDR-Meistertiteln und FDGB-Pokalgewinnen oder seinen 45 EC-Spielen mit EC-II-Finale ist da noch eine ganze Menge aufzuführen: Meister des Sportes, Goldmedaillengewinn bei Olympia 1976 in Montreal und dafür ausgezeichnet mit dem Ehrenring des NOK der DDR, Vaterländischer Verdienstorden in Bronze, Artur-Becker-Medaille und manches mehr. Nicht zu vergessen "jenes Paar Schuhe, daß er momentan ausgeliehen hat an das Traditionskabinett des FC Carl Zeiss im Casino des Enst-Abbe-Sportfeldes, jene beiden "silbernen Fußballschuhe", die ihm in Würdigung als DDR-Fußballer der Jahre 1979/80 und 1980/81 durch die FUWO überreicht wurden.

 

                                                                                                  "Töppen" nicht am Nagel

Die Vielzahl derartiger Erfolge und Auszeichnungen kommt nicht von ungefähr. "Intensives Training, gesunde Lebensweise waren schon erforderlich, um in relativ hohen Fußballalter konstant Spitzenleistungen bringen zu können", resümierte Hans-Ulrich Grapenthin, der auf ein dickes Lob für seine Frau Ellen wert legt: "Ohne ihr Verständnis, ihre stete Unterstützung meiner sportlichen Ambitionen, wäre nicht an 19 Jahre Leistungssport zu denken gewesen."

Und den Blick vorausgerichtet, läßt er - übrigens seit 1972 Mitglied der SED - durchblicken, daß er die Töppen sicher nicht gänzlich an den berühmten Nagel hängen wird: "Beim Altherrenfußball werde ich wohl ebenso mitmischen wie bei der Heranbildung talentierten Torhüter-Nachwuchses. Apropos Torhüter: da hat er sich über Perry Bräutigams glänzenden Einstand im Oberligator, den nahtlosen Übergang, sehr gefreut, sieht aber in Karsten Härtel keineswegs nur die Nummer 2 unter seinen Nachfolgern. Gedanken, die beweisen, daß "Sprotte" vom großen Fußball noch längst nicht Abschied genommen hat. Seinen Stammplatz in den DDR-Fußball-Annalen hat er ohnehin sicher.

 

 

                                                                                                                                                                                                                                                                            Report by Peter Paltzsch

 

 

 

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