Abwehr stand wie eine "eins"
Das
eigentlich Überraschende war die Jenaer Abwehr. Ohne Weise, ohne
Peschke, ohne Krause — dessen Stärken ja eindeutig im defensiven
Bereich liegen. Und dann diese Gegenspieler: Kirsten, Minge,
Stübner, Häfner - auch alle anderen keine unbeschriebenen
Blätter. Aber die Abwehr des Gastgebers stand wie eine „l".
Pittelkow als Libero, dem man diese Beweglichkeit auf
Schneeboden gar nicht zugetraut hatte, Vorstopper (!) Ludwig
nach fast 18 Monaten wieder einmal in der Ersten dabei und mit
einer Glanzvorstellung gegen Minge, und schließlich Senior
Brauer, der Lippmann keinen Stich ließ, mit einer varitêreifen
Nummer (Fallrückzieher aus dem vollen Lauf) Dresdens größte
Chance vereitelte. Minge hatte da nach einem Sturmlauf von
Kirsten auf die lange Ecke geköpft (43.).
Es war dies der Schlußpunkt hinter eine Dresdener halbe Stunde,
in der die Gelbschwarzen sicherlich mehr vom Spiel hatten, in
der sie aber einmal mehr aus ihrer optischen Überlegenheit kaum
mehr zu machen wußten, als das Eckenkonto zu erhöhen. Dafür aber
gibt's noch keine Punkte. . .
Der Auftakt zur zweiten Halbzeit gleichermaßen spektakulär wie
symptomatisch. Einen der weiten Schläge aus der Jenaer Abwehr
berechnete Trautmann falsch, Bielau war auf und vorbei, kam
völlig frei zum Schuß. Das Leder aber blieb, nicht mit der
notwendigen Kraft geschossen, in einer der Schneekuhlen 50
Zentimeter vor der Dresdener Torlinie liegen. Dörner bereinigte
in höchster Not.
Selbstredend ließen sich auf diesem Boden keine gezielten Konter
ansetzen, weil es einfach an der Präzision fehlte. Aber das
gedanklich schnelle Umschalten auf Gegenattacken war durch den
hohen Schnee nun keinesfalls gestört. Und hier hatten die Jenaer
ganz offensichtlich Vorteile. Wie Böger im zweiten Durchgang
auftaute. Lesser seinem keineswegs unerfahrenen Kontrahenten
Trautmann das Leben schwer machte, das gehörte zum
Eindrucksvollsten dieser Partie. Kurbjuweit später: „Natürlich
fehlt Lesser noch die Sicherheit am Ball, seine Stärken aber -
Schnelligkeit, nimmermüde Einsatzfreude -, die hat er heute
nachdrücklich ausgespielt."
„Wir wurden richtig eingeordnet", kommentierte Trainer Klaus
Sammer am Ende der 90 gutklassigen, weil temposcharf und
einsatzfreudig absolvierten Minuten. Er übersah dabei auch
keineswegs, daß seine Elf vor allem verlor, weil sie bei
Standards hin und wieder „eingenickt" war, wie nicht zuletzt das
zweite Tor bewies. Da hatte Meißner einen Freistoß auf den
kurzen Pfosten gezogen, und Raab war, aus der Tiefe des Raums
gestartet, vor allen Dresdenern mit dem Kopf am Leder. „Wir
warten auf Tauwetter", ulkte Reinhand Häfner nach dem Spiel. Ob
Petrus ein Einsehen mit den Dresdener hat?
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