Fenstersturz
Ritt
Dresden der Teufel? „Keine Einstellung, enttäuschend,
unverschämt, desolat", tobte Eduard Geyer. Recht hat er. Nie sah
ich die Dynamos schwächer, konzeptions-und stilloser.
Ihr-Kopf-durch-die-Wand-Stil, ihr Auseinanderfallen war so
perfekt wie die Beleidigung der 17000 total. Gellende Pfiffe für
Überheblichkeit und Arroganz, für die erste Heimniederlage, für
einen Spitzenreiter bar jeden Gefühls für die Pflicht gegenüber
den. Zuschauern. Erschreckend die Abwehrinkonsequenz, die
gedankliche Abwesenheit. Wenn ich all die Sätze zu Papier
bringen würde, die Max Merkel, Walter Fritzsch, Dresdner
Oberliga-Oldtimer und Zuschauer von sich gaben, den
Geyer-Schützlingen würden die Trommelfelle platzen!
Dresden 0, Jena 4 — wer dieses Resultat vorausgesagt hätte,
müßte als „Hellseher des Jahres" tituliert werden. Eine
Sensation .par excellence angesichts der Jenaer Sieglosigkeit
seit '82/83 in Elbflorenz. „Von der allerersten Minute an waren
alle hochmotiviert" erklärte Bernd Stange
Das war's, was die Thüringer vom beinharten Kampf bis zu
spielerischer Selbstverständlichkeit
führte. Ohne überragende Individualisten setzte Stange auf
Teamwork, wie es einst Englands Weltmeistermacher Alf Ramsey mit
Ipswich Town '62 bis zum Titelgewinn exerzierte. Davon träumt
Jena selbstredend nicht, „weil der Weg aus den
Tabellenniederungen bis hin zu einem positiven Punktverhältnis
ohnehin schwer genug war" (Stanges Lesart).
Auf dem Weg der Titelverteidigung scheint Dresden derzeit sein
eigener Feind zu sein. Kritiker wurden überhört. Grassierende
Selbstgefälligkeit zerstörte den 25 Runden anhaltenden
Erfolgsnimbus. Für unsere Überheblichkeit wurden wir bestraff",
sah es Matthias Sammer, wenigstens noch bemüht, nicht anders. Da
kam Jenas Topstürmer Weber zum ersten Tor wie van Basten bei der
EURO '88 gegen BRD-Vorstopper Kohler. Da deckten die Dresdner
wie Freizeitfußballer. Die Hilflosigkeit im Spielaufbau machte
das Maß ebenso voll wie Gütschows peinliche Ängstlichkeit. Daß
sich auch noch Teuber verletzte und Libero Wagenhaus zum
Spielzeitrest-Torhüter wurde, paßte zum Dresdner Zerrbild wie
die Faust aufs Auge.
Um es in
Erinnerung zu rufen:
Im Herbst
schoß Jena auswärts nicht ein Tor; im Frühjahr waren es mit
neuen Gefühlen bislang drei (!) in Magdeburg (2:0) und Halle
(1:1). Verständlich, daß die Zeiss-Elf, ohne Flausen im Kopf,
nach dem Abpfiff in der Kabine vor Freude fast ausrastete. „Gute
Saisonvorbereitung, körperlich topfit", freute sich Heiko Weber.
In der Mannschaft steckt wesentlich mehr Selbstbewußtsein als im
Herbst", resümierte Mannschaftsleiter Lutz Lindemann.
Der schlimmste Vorwurf gegen Dynamo: zu keiner Zeit wurde Jena
beeindruckt, etwa gar in Kopflosigkeit versetzt. Im Gegenteil,
die Gäste machten den Stoff zu ihrem Verbündeten, aus dem die
Siegträume sind - Mut. Risikobereitschaft und Unerschrockenheit!
Torfolge:
0 : 1
Weber (29.) - In halbrechter Position zieht er den
Ball aus dem Lauf ins lange Eck.
0 : 2
Weber (73) - Blitzschnell vor Teuber aufgetaucht,
wartet der Jenaer die Torhüterreaktion ab und überwindet ihn mit
einem platzierten Flachschuß.
0 : 3
Klee (79) - Glänzende Vorarbeit von Böger. aus
Nahdistanz trifft Klee den Innenpfosten, von dort springt das
Leder über die Linie.
0 : 4
Böger (85) - Wagenhaus hat sich gerade erst den
Pullover für den verletzten Teuber übergestreift, da greift er
nach einem 12-Meter-Direktschuß
dddddddddddddddschon
hinter sich.
Interview mit Heiko Weber |