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Slavko Petrovic - Der neue Cheftrainer stellt sich den Fans
Regionalliga Nord/Ost 1999/00
8. Januar 2000 - Ernst-Abbe-Sportfeld
Eine Trainer-Episode mit einem ganz faden Beigeschmack
(anw) Was doch vorgetragene Worte anzurichten vermögen."Ich bin jetzt optimistischer" , meinte eine junge
FC-Anhängerin am Ende des Treffens mit dem Cheftrainer des FC Carl Zeiss Jena, Slavko Petrovic. Der Serbe, seit
Ende des letzten Jahres Nachfolger des geschassten Thomas Gerstner, hatte am vergangenen Dienstagabend seinen
"Antrittsbesuch" im Fanhaus absolviert.
Der Raum fasste kaum noch Leute, so groß war das Publikumsinteresse am Auftritt des neuen Coach.
Der Serbe, der seine Torhüterlaufbahn bei Roter Stern Belgrad begonnen hatte und mit Düsseldorf westdeutscher
Pokalsieger werden konnte, wollte auch den Anhängern seine Vorstellungen über
sein Engagement beim FC vortragen.
"Auch wenn ich nie gedacht hätte, einmal Trainer zu werden", jetzt ist er es nun. Nach den Stationen Karlsruhe und
Darmstadt gelangte Petrovic per Zufall an den Jenaer Verein und Präsident Ralf Schmidt-Röh hatte mehrfach darauf
verwiesen, dass man mit Petrovic "nicht den Erstbesten verpflichtet" habe.
Der "Neue" auf der Jenaer Bank will unbedingt in den bezahlten Fussball und mit Jena bietet sich offenbar eine
solche Chance. Denn Erfolg zu haben, scheint dem 41-jährigen über alles zu gehen. "Ich habe immer Erfolg gehabt",
und das soll auch beim Abstiegskandidaten Carl Zeiss so bleiben.
"Gas geben", so könnte die Devise des Trainer lauten. Egal, ob er mit der Vereinsführung und Sponsoren rede,
mit den Spielern trainiere, in Besprechungen mit dem Nachwuchstrainer sitze, Petrovic will stets "Gas geben".
Die ersten sechs aus dem Jenaer Aufgebot durften diese Arbeitseinstellung bereits zur Kenntnis nehmen,
flogen aus der 1.Mannschaft und der Trainer versicherte den Fans, dass diese Spieler auch keine Chance mehr
bekommen werden. Als "sehr harter Hund" sei er bekannt, erläutere Petrovic zum wiederholten Mal.
Lege sich ein Spieler quer, "hat der bei mir keine Chance". In keiner Sportart würde sich ohne Disziplin Erfolg
einstellen. So einfach ist das. Oder auch nicht, dozierte der Trainer vor seinen Zuhörern .
Denn heute gehe es nicht mehr, mit der Pfeife im Mund über den Trainingsplatz zu gehen und die Spieler anzubrüllen.
Nein, ein Trainer von heute sei vor allem Pädagoge, der seine Spieler auch als Menschen behandelt.
Zum Beispiel kann man ja die Spieler siezen. Ihnen auch einmal einen schlechten Tag nachsehen, natürlich nur,
wenn während der 90 Minuten wenigstens der kämpferische Einsatz zur Zufriedenheit des Trainers gezeigt wurde.
Für die kommenden "17 Endspiele" braucht
der Trainer "keine Weicheier, Waschlappen und Muttersöhnchen".
Wenn einer "kein Bock hat, der wird in die Wüste geschickt", präzisierte Petrovic. Zustimmung bei den Fans findet
seine Vorstellung, wie sich ein Fussballer beim FC Carl Zeiss Jena aufzuführen habe.
Denn "wir repräsentieren den Verein in der Öffentlichkeit". Und den bereits ausgemusterten Kickern sollen vier
weitere folgen, die Namen der "in die Wüste" zu verbannenden Spieler stünde allerdings noch nicht fest.
Zum Trainingslager auf Zypern, dass vor allem taktischen Übungen vorbehalten sein soll, werden jedenfalls auch
A-Jugendliche mitgenommen. Ausführlich versuchte Petrovic sein Konzept von moderner Nachwuchsarbeit darzulegen.
Alle Mannschaften spielen nach einem System und der Trainer nannte gleich selbst das große Vorbild Ajax Amsterdam,
in diesem Fall nach dem von Petrovic ausgewählten 4-3-3. So könnte der Einstieg in den Männerbereich den jungen
Spielern leichter fallen. Natürlich, kaum schält sich ein Talent heraus, sind die großen und größeren Vereine an dem
Jungen dran. Also muß sich der Verein richtig um ihn kümmern, auch um die Familie des Nachwuchsspielers.
Und wenn denn schon der Weggang nicht verhindert werden könne, dann sollten die Nutznießer des FC Carl Zeiss auch
für dessen Nachwuchsarbeit richtig bezahlen.
Bis zum Ende Januar gibt es für die Kicker
keinen freien Tag, mit Ausnahme des Hin-und Rückfluges nach Zypern.
Die Mannschaft, sagte Petrovic, könne die "anderen nicht spielerisch auseinander nehmen". Also muß gekämpft und
gerackert werden und die Grundlagen werden jetzt gelegt. Die Statistik wurde gar bemüht. Die listet nämlich auf,
dass Jena 16 der 22 Gegentreffer in den letzten 15 Minuten eines Spieles kassiert hat. Dieser "Wahnsinn"
soll in der Rückrunde nicht wieder vorkommen.
Auch wenn sich Petrovic nur zurückhaltend
zu der Zeit vor ihm äußerte, den einen oder anderen Verweis auf seinen
Vorgänger konnte und wollte er sich dann doch nicht verkeifen.30 Spieler zum Beispiel sind doch viel zu viel, wie soll
man mit denen vernünftig trainieren. Dass Spieler gekauft werden, die kurze Zeit später Sportinvalide sind, werde es
unter ihm nicht geben. Nur wer der Mannschaft helfen kann und sportmedizinisch auf seine Tauglichkeit gecheckt wurde,
bekommt einen Vertrag. Einige Verpflichtungen sollen bis zur Rückrunde noch getätigt werden, den Namen des
Erstligaspielers, der eventuell geholt wird, nannte der Trainer indes an diesem Abend noch nicht.
Kritik wurde auch an der Zusage des
Vereins, an vier Hallenturnieren teilzunehmen, geübt. "Hallenturniere interessieren
mich nicht, das wird es im kommenden Jahr überhaupt nicht geben", will Petrovic auch in dieser Frage "Gas geben".
Dafür müssten die Spieler jetzt erst einmal lernen, was Forechecking bedeute, denn das könnten die nicht und damit
ist wohl endgültig klar, dass das nichts geworden wäre, wenn der Gerstner auch noch als Spieler bliebe.
Zumal Petrovic befürchtete, dass im Training beim Spiel sich gleich sechs Spieler auf den Ex-Trainer gestürzt hätten.
Einen schlechten Eindruck hatte der
Neueinkauf auf der Trainerbank vor den Fans wirklich nicht hinterlassen.
Selbstbewusst an der Marlboro ziehend, beide Hände mit einem Goldkettchen umringt, stand er vor den Fans,
schaute erzählend voraus und zurück und vergaß auch an diesem Abend nicht, die in Deutschland gelernten weniger
anständigen Wörter in sein sehr gutes Deutsch fleißig einfließen zu lassen.
Am Ende könnte indes ein Fan Recht
behalten, der Slavko Petrovic zum Ende zurief: "Sie kommen zwei Jahre zu spät".