Diese
Begegnung zwischen dem vorjährigen und diesjährigen Titelträger
hatte keinerlei Einfluß mehr auf den Meisterschaftsausgang.
"Beide Mannschaften können also heute frei und unbefangen
aufspielen. So sind wir überzeugt, daß unsere Fußballfreunde
einige Leckerbissen sehen werden", hieß es im Programm. Die 8000
sahen sehr viele Leckerbissen. Allerdings nur von einer
Mannschaft: vom FC Carl Zeiss Jena.
Die
Thüringer beherrschten in einer derart dominierenden Weise das
Geschehen, daß es für den FC Vorwärts ernüchternd war. "Die
krasse Leistungsdifferenz ließ nicht darauf schließen, daß sich
hier Meister und Vizemeister gegenüberstanden", meinte Jenas
Assistenztrainer Fritz Zergibel.
Lediglich in
den ersten zehn Minuten konnten die Gastgeber mithalten,
vermochten sie durch zwei Begerad-Kopfbälle torgefährlich zu
werden, doch Blochwitz parierte jeweils (6. und 10.). Damit
waren die Berliner bereits mit ihrem Latein am Ende. Schlutters
herrlicher 20-m-Schuß unter die Latte zum 1:0 raubte ihnen schon
den letzten Nerv.
In den
verbleibenden fünf Viertelstunden trumpfte der FC Carl Zeiss in
einer imponierenden Art und Weise auf. Er steigerte sich in
einen Spielrausch, der den FCV immer stärker deprimierte. "Es
war wenig, was uns Vorwärts entgegenzusetzen hatte", meinte
Trainer Georg Buschner. Dank seines lobenswerten
Trainingsfleißes bot der Meister zum Abschluß der Saison noch
einmal eine Galavorstellung, die ihn mit berechtigten Optimismus
in die nächste Europapokalkonkurrenz gehen läßt. "Wenn es bei
uns richtig läuft, dann sind wir nur schwer aufzuhalten", freute
sich Kapitän Roland Ducke, der erneut eine "9" erhielt und damit
als klarer Sieger aus der fuwo-Punktwertung hervorging.
Das Spiel
der Jenaer zu beschreiben, heißt in Superlativen zu schwelgen.
Was Irmscher und Roland Ducke, die noch mit besonderen
technischen Kabinettstückchen brillierten, Schlutter, Stein, der
sehr spielfreudige Preuße und ihre Mannschaftskameraden an
herrlichen Direktkombinationen boten, erntete wiederholt den
Beifall des begeisterten Berliner Publikums. Der Vorjahrsmeister
konnte am Ende noch froh sein, "nur" 0 : 5 verloren zu haben.
"Nachdem wir unsere Chancen nicht nutzen konnten, hat uns
bereits das erste Gegentor völlig aus dem Gleichgewicht
geworfen", konstatierte Trainer Fritz Belger.
Einer solch
erfahrenen Mannschaft wie dem FC Vorwärts, der seit dem 15.April
1967 (0 : 1 gegen Dynamo Dresden) auf eigenem Platz ungeschlagen
war und zu Hause noch nie so hoch verloren hat, dürfte das
normalerweise nicht passieren. Oder hat man die Begegnung nicht
mehr so ernst genommen, da ja die Vizemeisterehrung bereits vor
dem Spiel erfolgt war? Denn bis auf Fräßdorf und Zulkowski ließ
man nicht einmal ein körperliches Aufbegehren erkennen. Da war
der FC Carl Zeiss doch aus einem anderen Holz geschnitzt. Sein
dritter Titelgewinn stand ebenfalls schon fest. Dennoch wartete
er mit einer beeindruckenden Leistung auf und blieb so auch im
16. Punktspiel hintereinander ohne Niederlage.
Zum
Schiedsrichterkollektiv: Es hatte ein relativ leichtes
Amtieren und dieses faire Spiel jederzeit sicher in der Hand.
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