Kein
Optimismus blieb unerschütterlich. "Nach dem Wechsel kommen
wir", meinte der Leipziger Alt-Kämpe Manfred Geißler zur Pause
im Kabinengang, das wegen einer Bänderzerrung eingegipste Bein
vorsichtig bewegend. Freilich mag eine gehörige Portion
Wunschdenken bei dieser Prognose mitgespielt haben, denn
begründete Hoffnungen auf eine Lok-Steigerung ließ der Gast im
ersten Durchgang bei seiner souveränen Spielgestaltung kaum
aufkommen. Ja, fast hatte es den Anschein, als würde sich die
Lok-Elf in der von ihr gelegten Schlinge verfangen. "Wir wirkten
zu vorsichtig", gestand Wilfried Gröbner ein, der sich packende
und überaus faire Zweikämpfe mit Peter Ducke lieferte, "was
vielleicht daher kam, daß wir nach dem Mittwoch-Treffen Jena
gegen Marseille zu großen Respekt hatten."
Tatsächlich
begann der Gastgeber zaudernd, operierte nur mit zwei Spitzen,
von denen eine, Schubert, stumpf blieb, die andere, Löwe (warum
so ungestüm bei dem Angriff auf Grapenthin?), zunächst von
Kurbjuweit beherrscht wurde, sich später mehrfach dessen Zugriff
entzog. Da aus dem Mittelfeld in dieser Phase weder Frenzel noch
Lisiewicz oder Altmann nachrückten, hatte die von Stein
umsichtig dirigierte Abwehr kaum Abwehr. Ja, Weise, auch
Kurbjuweit und Stein nahmen die Lok-Einladung zur eigenen
Initiative dankbar und ideenreich an, schalteten sich in ihr
Angriffsspiel ein und boten streckenweise eine souveräne Partie.
Das frühe Führungstor, durch Stein nach platzierten Freistoß von
Irmscher erzielt ("Ich erwischte den Ball voll mit dem Kopf, und
vom Innenpfosten prallte er ins Netz"), sorgte zusätzlich für
Sicherheit. So trat Jena nicht nur im blau-gelben Lok-Look an,
sondern wirkte auch vor der Pause wie der Hausherr sicher in der
Deckung angriffsorientiert, selbstbewußt die eigenen Mittel
nutzend. Wenn nicht alle Träume reiften, so wohl auch deshalb,
weil Schröder, Göhr und diesmal auch Sengewald unter dem Schnitt
blieben, ihnen - im Gegensatz zu den anderen - das Mittwochspiel
zu sehr anzumerken war.
"Nach dem
Wechsel sollte ich marschieren", meinte Wolfgang Altmann. das
tat er dann auch. Mit Erfolg. Er gab das Zeichen zur Attacke,
Frenzel nahm es auf, auch Lisiewicz und Löwe, selbst Fritsche
und Hammer. Jena stand 20 Minuten unter Dauerdruck. Und da ließ
die zuvor so sichere Abwehr Wirkung erkennen. Das kann
allerdings auch auf den umstrittenen Strafstoß zurückzuführen
sein, der zusätzlich dafür sorgte, daß für kurze Zeit aus der
zuvor gebotenen spielerischen Abgeklärtheit Verbissenheit wurde.
Immerhin kam Lok jetzt besser ins Spiel, wobei das Geschehen
insgesamt - bis auf das durchweg hohe Tempo - zu selten
Klassemerkmale aufwies. Trotz einiger Chancen der Leipziger -
Grapenthin parierte großartig gegen Altmann (53., Fritsche
verzog freistehend 68.), Vogel rettete in Bedrängnis (88.) -,
Jena machte sich wieder frei, überwand den Strafstoßschreck und
schien in der Schlußphase klare konditionelle Vorteile zu haben.
Zum
Schiedsrichterkollektiv: Einbeck pfiff zu viel, leitete zu
wenig. Sicherlich war es richtig, zunächst oft einzugreifen,
Ansätze zur Unfairneß zu unterbinden. Dabei bewies er nicht
immer Gefühl für den Spielfluß und Vorteil, ahndete einige
Vergehen von Leipzigern (Friese an Stein) nicht so konsequent
wie auf der anderen Seite. Den Strafstoß mußten selbst
eingefleischte Leipziger als Geschenk auffassen. Die Jenaer
nahmen ihn allerdings auf dem Platz sportlich -korrekt hin,
diskutierten später unter sich leidenschaftlich, ohne dabei
unsachlich zu sein.
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